07.06.2019      Krankenhaus      Branchen-News      Anett Kopielski

Das neue MDK-Reformgesetz

Anfang Mai hat das Gesundheitsministerium einen Referentenentwurf des „Gesetzes für bessere und unabhängigere Prüfungen“ vorgelegt. Ziel ist eine stärkere Trennung des Medizinischen Dienstes von den Krankenkassen. Krankenhausrechnungen sollen demnach seltener dafür gezielter geprüft werden. Die Reaktionen darauf fielen sehr unterschiedlich aus: Während die Krankenhäuser den Gesetzesentwurf lobten, gab es heftige Kritik seitens der Krankenkassen und des MDKs.

Umstrukturierung von MDK und MDS

Die Medizinischen Dienste – bislang Arbeitsgemeinschaften der Krankenkassen – sollen künftig eigenständige Körperschaften des öffentlichen Rechts werden. Auch der Medizinische Dienst des GKV-Spitzenverbandes (MDS) soll vom Spitzenverband gelöst und eine eigenständige Körperschaft (MD Bund) werden. Die Medizinischen Dienste werden zu Mitgliedern des MD Bund, der künftig die Arbeitsrichtlinien der MD beschließen wird.

 

Auch die Besetzung der Verwaltungsräte als maßgebliche Entscheidungsgremien der Medizinischen  Dienste wird neu geregelt. Künftig sollen neben Vertretern der Krankenkassen auch Vertreter der Patienten, der Ärzteschaft und der Pflegeberufe vertreten sein. Hauptamtlich bei Krankenkassen sowie deren Verbänden Beschäftigte sollen dagegen ausgeschlossen werden.

 

Der Verwaltungsrat des Medizinischen Dienstes des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen (MDS) kritisierte die geplante Abkopplung der Medizinischen Dienste (MD) von den Krankenkassen und die veränderte Zusammensetzung der Verwaltungsräte: „Es sei zwingend erforderlich, die Tätigkeit von MDS, MDK-Gemeinschaft und GKV-Spitzenverband miteinander zu verbinden. Der Verwaltungsrat des MDS müsse weiterhin mit Selbstverwaltungsvertretern aus dem GKV-Spitzenverband besetzt werden.“

 

Peter Pick, Geschäftsführer des Medizinischen Dienstes des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen, begrüßte dagegen die geplante Eigenständigkeit von MDK und MDS. „Sie wertet die Medizinischen Dienste auf.“ Kritisch bewertete er dagegen, dass die Soziale Selbstverwaltung in den Verwaltungsräten in eine Minderheitsposition gebracht werden soll.

 

Abrechnungsqualität bestimmt Prüfquote

Die Abrechnungsqualität eines Krankenhauses soll zukünftig den Umfang der zulässigen Prüfungen durch die Krankenkassen bestimmen. Ab 2020 ist eine maximale Prüfquote in Höhe von 10 % je Krankenhaus geplant. Ab 2021 soll die quartalsbezogene Prüfquote vom Anteil der korrekten Abrechnungen eines Krankenhauses abhängig sein. Bei einer guten Abrechnungsqualität ist nur eine niedrige Prüfquote zulässig, bei einer schlechten Abrechnungsqualität wächst die zulässige Prüfquote an. Zusätzlich hat eine schlechte Abrechnungsqualität negative finanzielle Konsequenzen für ein Krankenhaus.

 

Die Deutsche Krankenhausgesellschaft, der Verband der Krankenhausdirektoren und die Arbeitsgemeinschaft kommunale Großkrankenhäuser lobten die Reformpläne. Begrüßt wurde insbesondere die vorgesehene Abkopplung des Medizinischen Dienstes Krankenkassen, die Begrenzung der Prüfquoten und die Einbindung von Patienten-, Ärzte- und Pflegevertretern in den Verwaltungsräten.

 

Auch der Berufsverband der Deutschen Chirurgen und der Bundesverband Deutscher Privatkliniken bewerteten die Reformpläne positiv. Letzterer fordert aber eine Festlegung der Prüfquoten und Sanktionen auf Fachabteilungsebene. Der Verband fürchtet, dass sonst Abteilungen mit kostenintensiveren Fällen überproportional in die Prüfung einbezogen würden.

 

Kritik gab es vom Bayrischen Landesverband der Betriebskrankenkassen. Aufgrund der Begrenzung der Prüfquoten bliebe ein Großteil fehlerhafter Krankenhausrechnungen ungeprüft. Damit würde den Krankenkassen rund eine Milliarde Euro verloren gehen. Um dies auszugleichen würden „die Zusatzbeiträge ohne jeglichen Gegenwert für die Versicherten steigen.“ DKG-Chef Georg Baum entgegnet, dass die Kürzung von Krankenhausrechnungen vor allem bedeute, dass für bereits erbrachte Leistungen schlichtweg die Refinanzierung verweigert würde. „Es wird allerhöchste Zeit, dass diesem Zahlungsverweigerungsunwesen der Krankenkassen vom Gesetzgeber ein Riegel vorgeschoben wird." 

 

Weitere Änderungen der Reform im Überblick

  • Einrichtung eines Schlichtungsausschusses zur verbindlichen Klärung strittiger Kodier- und Abrechnungsfragen
  • Prüfungen von strukturellen Voraussetzungen der Leistungserbringung nicht mehr in Einzelfällen sondern gebündelt in einer Strukturprüfung
  • Prüfungen zur neuen Pflegepersonalkostenvergütung grundsätzlich nicht möglich
  • Erweiterung des Katalogs für ambulante Operationen und stationsersetzende Eingriffe zur Förderung von ambulanten Behandlungsmöglichkeiten
  • Aufrechnung von Rückforderungen der Krankenkassen gegen Vergütungsansprüche der Krankenhäuser unzulässig
  • Einführung einer bundesweiten Statistik über Abrechnungs- und Prüfgeschehen

 

Ab dem 1. Januar 2021 soll außerdem die Übermittlung von Unterlagen zwischen Krankenhäusern und Medizinischen Diensten ausschließlich elektronisch erfolgen. Die Details dazu sind durch eine verbindliche Vereinbarung zwischen DKG und dem GKV-Spitzenverband festzulegen.

 

Das MDK-Reformgesetz soll zum 1. Januar 2020 Inkrafttreten. Eine Anhörung im BMG soll am 11. Juni 2019 stattfinden.

 

Update 22.07.2019

Beim Beschluss des Gesetzes im Kabinett am 17.07.2019 gab es eine wesentliche Änderung zum Referentenentwurf. Bei der Zusammensetzung der Verwaltungsräte wählen die Kassen 16 der 23 Vertreter in die Gremien und verfügen somit über die Mehrheit der Stimmen.

Update 08.11.2019

Vor der Verabschiedung des Gesetzes im Bundestag wurden noch kurzfristig Änderungen mit in das Gesetz aufgenommen. So wur­de die Prüfquote für das Jahr 2020 von 10 auf 12,5 Prozent erhöht und zudem eine Strafzahlung für die Kranken­häuser eingeführt, wenn eine Abrechnung vom MD beanstandet wird. Künftig müssen die Krankenhäuser eine Strafzahlung in Höhe von zehn Prozent der Diffe­renz zwischen dem ursprünglichen und dem geminderten Abrechnungsbetrag, mindes­tens jedoch in Höhe von 300 Euro pro Fall entrichten, wenn der MD eine Abrechnung beanstan­det. Bis­lang müssen nur die Krankenkassen eine Strafe von 300 Euro bezahlen, wenn eine von ihnen als falsch bewertete Abrechnung vom Medizinischen Dienst nicht beanstandet wurde.

 

Das Gesetz tritt ab 01.01.2020 in Kraft und Bedarf nicht der Zustimmung des Bundesrats.

 

Über den Autor

Anett Kopielski ist bei der NEXUS im Bereich Marketing und Öffentlichkeitsarbeit tätig. Sie beschäftigt sich mit aktuellen Trends, Studien und Entwicklungen rund um den Gesundheitsmarkt und speziell Enterprise Content Management, Integrationserver und dem Bereich AEMP.

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