12.11.2020      Gesundheitsmarkt, Krankenhaus      Branchen-News      Gastautor: Miriam Mirza

Welche digitalen Kompetenzen brauchen Ärzte?

Die Digitalisierung in Krankenhäusern schreitet kontinuierlich voran und bekommt mit dem Krankenhauszukunftsgesetz zusätzlichen Anschub. Doch mit den IT-Systemen und digitalisierten Prozessen kommen auf das medizinische Personal zahlreiche neue Anforderungen zu. Das müsste sich eigentlich in der Ausbildung wiederspiegeln. Doch das ist bisher nicht der Fall. Aber welche digitalen Kompetenzen sind für Ärzte heute notwendig und wie kann man sie bei deren Erwerb unterstützen?

Untersuchungen, wie zum Beispiel der Initiative „Advanced Informatics in Medicine (AIM)“, haben ergeben, dass bei medizinischem Personal immer noch Wissenslücken in Bezug auf den Umgang mit digitalen Systemen wie Datenbanken oder Informationssystemen bestehen. Hinzu kommt, dass sich ein Großteil der medizinischen Mitarbeiter beim Digitalisierungsprozess in den Krankenhäusern nicht ausreichend miteinbezogen fühlen. Das ist das Ergebnis einer Studie der Hans-Böckler-Stiftung. Die Folgen können gravierend sein: Werden solche Prozesse durch Ärzte nicht mitgestaltet, ist die Akzeptanz eben jener Systeme durch die Beschäftigten in der Regel deutlich geringer. Das kann wiederum Auswirkungen auf die Behandlungsqualität haben. Werden etwa Lösungen wie die elektronische Arzneimittelverordnung falsch bedient, können Behandlungsfehler mit tödlichen Folgen die Konsequenz sein.

Digitale Kompetenzen in der Ausbildung

Digitale Kompetenzen müssen somit stärker in die medizinische Ausbildung integriert werden. Das forderte Anfang des Jahres auch Dr. med. Johannes Albert Gehle, der Präsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe (ÄKWL). Ende 2018 wurden zwar digitale Kompetenzen in den „Gegenstandskatalog“ für den zweiten Abschnitt der Ärztlichen Prüfung (IMPP-GK2) aufgenommen, doch das reicht noch lange nicht aus. Angesichts der rasanten technischen Entwicklungen müssen Ärzte schon heute den sicheren Umgang mit digitalen Lösungen beherrschen: Sie können Apps auf Rezept verschreiben, Videosprechstunden abhalten und sollen mit elektronischen Patientenakten arbeiten. Gleichzeitig zu den Kompetenzen müssen sie sich dazu vom Nutzen der digitalen Technik überzeugen und letztlich abwägen, wann deren Einsatz an eine Grenze kommt und beispielsweise ethisch oder finanziell nicht mehr sinnvoll ist. Ohne ausreichende Kenntnisse über die Funktionsweise, Chancen und Risiken der digitalen Lösungen sowie die Fähigkeiten, die Anwendungen auch in der Praxis zu bedienen, wird das nur schwer möglich sein.

Welche Kompetenzen sind notwendig?

Da sowohl der Masterplan Medizinstudium 2020 als auch der Nationale Kompetenzbasierte Lernzielkatalog die zu vermittelnden digitalen Kompetenzen nicht behandeln, wurden in den letzten Jahren entsprechende Handreichungen entwickelt. So hat die GMDS-Projektgruppe „MI-Lehre in der Medizin“ bereits im Jahr 2012 sieben Themengebiete ärztlicher Kompetenzen festgelegt, für die insgesamt 42 Lernziele erarbeitet wurden:

 

  • medizinische Dokumentation und Informationsverarbeitung
  • medizinische Klassifikationssysteme und Terminologien
  • Informationssysteme im Gesundheitswesen
  • Gesundheitstelematik und Telemedizin
  • Datenschutz und DatensicherheitZugriff auf medizinisches Wissen
  • Medizinische Signal- und Bildverarbeitung

 

Nicht nur die Bildungseinrichtungen werden sich mit der Notwendigkeit beschäftigen müssen digitale Kompetenzen in die Ausbildung künftiger Ärzte einzubringen. Auch Krankenhäuser müssen ihr medizinisches Personal in ausreichender Form weiter- und fortbilden, damit diese im Umgang mit der Technik versiert sind. Denn nicht zuletzt kann eine ständige Überforderung in solchen Zusammenhängen eine Stressbelastung und steigende Burnout-Zahlen bei den Mitarbeitern auslösen. Für Ärzte bleibt die Herausforderung, sich angesichts ständig technischer Neuerungen weitere digitale Kompetenzen anzueignen und ihre ärztliche Rolle im Zuge dieser Veränderungen zu hinterfragen und sich – falls nötig – sogar neu zu positionieren.

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